Fortbildung zur Gedenkstätte Mauthausen

„Orte und Zeugnisse nationalsozialistischer Verbrechen in der Region Linz“
ein Fortbildungsseminar in Mauthausen, Linz und Schloss Hartheim

Der Bericht zur Veranstaltung folgt in Kürze!

vom 31. Okt. bis 05. Nov. 2021

im Bildungshaus Sankt Magdalena, 4040 Linz, Schatzweg 177

Dieses Seminar in den KZ-Gedenkstätten Mauthauen und Gusen, in dem Lern- und Gedenkort Schloß Hartheim sowie in der Stadt Linz dient vor allem der Orientierung und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern und pädagogischen Mitarbeiter/n/-innen aus Gedenkstätten und der außerschulischen Bildung, die sich auf geplante Seminare mit Schüler- bzw. Jugendgruppen vorbereiten wollen. Lehrende können dabei nicht nur die Orte und Ausstellungen kennenlernen, sondern auch einen ähnlichen Lern- und Erfahrungsprozess wie später ihre Teilnehmer/-innen und Schüler/-innen durchlaufen.

Zielgruppen: Lehrer-/innen aller Schulformen der Sekundarstufe I und II, insbesondere mit einem der folgenden Fächer: Geschichte, Politik, Gesellschaftslehre, Religion, Philosophie, Ethik, z.B. auch in Verbindung mit dem Fach Deutsch und dem Fach Kunst , Mitarbeiter/innen von Gedenkstätten, Einrichtungen der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung und anderen pädagogischen Institutionen, sonstige Interessierte.

Historisch-politisches Lernen in der Region Linz

Bereits zwei Wochen nach dem „Anschluss“ des austrofaschistischen Österreichs an das Deutsche Reich am 12.März 1938 verkündete der nationalsozialistische Gauleiter Oberösterreichs, August Eigruber, vor begeistertem Publikum, dass sein Gau mit der Errichtung eines Konzentrationslagers „ausgezeichnet“ werden sollte. Als Standort wurde der an der Donau gelegene Ort Mauthausen gewählt. Hier sollten politische Gegner und als kriminell oder asozial bezeichnete Personengruppen inhaftiert und zu Schwerstarbeit in den Granitsteinbrüchen gezwungen werden. Am 8. August 1938 überstellte die SS die ersten Gefangenen aus dem KZ Dachau. Die in dieser Phase fast ausschließlich deutschen und österreichischen Häftlinge mussten ihr eigenes Lager errichten und den Steinbruchbetrieb aufbauen. Hunger, Willkür und Gewalt prägten den Alltag der Gefangenen.
Ab Dezember 1939 ließ die SS ein zweites Konzentrationslager nur wenige Kilometer von Mauthausen entfernt errichten. Das Zweiglager Gusen ging im Mai 1940 offiziell in Betrieb. Nach Kriegsbeginn wurden Menschen aus ganz Europa in das KZ Mauthausen verschleppt, das nun allmählich zu einem System von mehreren zusammenhängenden Lagern anwuchs. Mauthausen und Gusen waren in dieser Phase die Konzentrationslager mit den härtesten Haftbedingungen und der höchsten Todesrate. Von den insgesamt etwa 190.000 Gefangenen des KZ Mauthausen und seiner Außenlager waren in sieben Jahren mindestens 90.000 zu Tode gekommen.
In dem Renaissanceschloss Hartheim wurde Ende des 19. Jahrhunderts eine Anstalt zur Pflege geistig und körperlich behinderter Menschen eingerichtet. Im Frühjahr 1940 führte man innerhalb weniger Wochen Umbauarbeiten hinsichtlich einer Adaption des Schlosses zu einer Euthanasie-Anstalt durch. Zwischen 1940 und 1944 wurden im Schloss Hartheim rund 30.000 Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung sowie psychisch kranke Menschen ermordet. Sie waren teils Patienten/-innen aus psychiatrischen Anstalten und Bewohner/-innen von Behinderteneinrichtungen und Fürsorgeheimen, teils Häftlinge aus den KZ Mauthausen, Gusen und Dachau sowie Zwangsarbeiter/-innen.
Als „Patenstadt des Führers“ war Linz bevorzugtes Ziel nationalsozialistischer Stadt- und Wirtschaftsplanung. Die rasche und unorganische Expansion der Stadt resultierte aus Eingemeindungen und dem Aufbau von großen Industriebetrieben wie den „Hermann-Göring-Werken“, die vorrangig der Kriegsrüstung dienten. Linz wurde zu einem Zentrum der Verfolgung und der Zwangsarbeit in der „Ostmark“. Nicht nur in Mauthausen, Gusen und Schloss Hartheim wurden Orte der Vernichtung von politischen Gegnern, „rassisch minderwertigen“ und „lebensunwerten“ Menschen errichtet. Auch im Stadtgebiet selbst wurde diese Politik der Vernichtung praktiziert: in der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart sowie in drei Außenlagern des KZ Mauthausen. Die Maßnahmen der Nationalsozialisten für die „Volksgenossen“ – wie Wohnbau und soziale Zuwendungen – erfolgten zunächst durch Enteignung der jüdischen Bevölkerung und in der Folge durch die Ausbeutung jener Länder, die von der deutschen Wehrmacht besetzt worden waren. In Linz wurden zudem umfangreiche Repräsentationsbauten des Regimes geplant, von denen jedoch nur ein kleiner Teil realisiert wurde, so die Nibelungenbrücke über die Donau mit ihren Kopfbauten.
In den Jahren 1938 bis 1945 gehörte Österreich – damals „Ostmark“ genannt – zum nationalsozialistischen Deutschland und ist damit auch Teil der NS-Geschichte jener Jahre. Zum Verständnis der Geschichte der Region gehört aber auch die eigenständige österreichische Geschichte zwischen 1919 und 1938 und dann wieder ab 1945. Eine besondere Rolle spielt dabei die bereits von österreichischen Exilpolitikern während des Krieges aufgestellte These, dass Österreich das erste Opfer der nationalsozialistischen Expansionspolitik geworden sei. Mit diesem Opfernarrativ wurde jahrzehntelang in Österreich verdrängt, dass bedeutende Teile der österreichischen Bevölkerung den Nationalsozialismus auch begrüßt und unterstützt hatten und an dessen Verbrechen beteiligt waren. Die Rezeptionsgeschichte – die Entwicklung und Veränderungen der österreichischen Gedenk- und Erinnerungskultur – stellt einen weiteren Schwerpunkt der Fortbildung dar.

Allgemeine Ziele der Veranstaltung:

• Auseinandersetzung mit dem Konzentrationslagersystem am Beispiel von Mauthausen und Gusen,
• Wissen über das NS-Euthanasieprogramm (T 4), den Zusammenhang der Tötungsanstalt Hartheim mit dem KZ-System („Sonderbehandlung 14f13“) und den personellen Verflechtungen des Euthanasieprogramms mit den Vernichtungslagern in dem besetzten Polen
• Kennenlernen der Grundzüge der österreichischen Geschichte der Zwischenkriegszeit (Bürgerkrieg, Austrofaschismus, NS in Österreich vor 1938)
• Überblick über die österreichische Gedenk- und Erinnerungskultur nach 1945
• Aktive und kreative Auseinandersetzung mit den Themen der Fortbildung, um eigene Projekte, Unterricht und vor allem Gedenkstättenseminare gestalten zu können,
• Zusammenhänge erfahren von Erinnerungskultur, Menschenrechtserziehung und Friedensarbeit als wesentliche Grundlage des Lernens in einem gemeinsamen Europa.

Programm

So., 31.10. 2021
Bis 16.00 Anreise im Bildungshaus St. Magdalena, Linz, und
17.00 Begrüßung sowie Vorstellungs- und Erwartungsrunde und Einführung in das Programm
19.00 Abendessen
20.00 Österreich in der Zeit von 1918 bis 1945 mit den Schwerpunkten OÖ u. im
(u.a. Bürgerkrieg, Dollfuß-Regime, NS in Österreich)
Vortrag und Diskussion

Mo., 01.11.2021
09.00 Besuch des Voestalpine ZeitgeschichteMUSEUM in Linz
11.00 Die „Führerstadt“ Linz und Spuren der NS – Zeit heute
Zeitgeschichtlicher Stadtrundgang mit Casimir Paltinger (Stadtführer und
Historiker)
13.00 Mittagessen
14.30 Fortsetzung des Stadtrundganges
18.00 Abendessen
19.00 Rundgespräch zur Vermittlung der Stadtgeschichte im Rahmen von
Gedenkstättenfahrten mit Jugendlichen

Die., 02.11.2021
09.00 Lern- und Gedenkort Schloß Hartheim: Tötungsstätte im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasie-Programms (Aktion T 4) und der sogenannten „Sonderbehandlung 14f13“
Führung durch die Gedenkstätte und Ausstellungen und Präsentation der digitalen Angebote
14.00 Pädagogische Angebote des Lernortes
Gruppenarbeit mit Quellen, den digitalen Angeboten und Dokumenten und Austausch zu den Gruppenarbeiten
18.30 Abendessen

Mittw., 03.11.2021
09.00 KZ-Gedenkstätte Mauthausen: Führung in der
Gedenkstätte, Besuch der Ausstellungen und digitale Angebote der
Gedenkstätte
15.00 Arbeitsgruppen zu folgenden Fragen:
• Widerstand und die Aktion Hasenjagd
• Sklavenarbeit im Steinbruch und Bauten in der Umgebung
• Gedenken in der Nachkriegszeit
18.00 Abendessen

Do., 04.11.2021
09.00 KZ-Gedenkstätte Mauthausen: Pädagogische Konzepte
Austausch mit Referenten der pädagogischen Abteilung und Gruppenarbeit
14.00 KZ-Gedenkstätte Gusen
Führung und Austausch
19.00 Abendessen
anschl.: Freie Zeit

Fr., 05.11.2021
09.00 Nachkriegszeit und Geschichtsnarrative seit 1945;
Vortrag und Diskussion
11.00 Entwicklung von Programmen für Gedenkstättenfahrten mit Jugendlichen und Fördermöglichkeiten
Beitrag und Gruppenarbeit
13.00 Mittagessen und Abreise
14.00 „Wie können Gedenkstättenfahrten mit Jugendlichen sinnvoll gestaltet werden?“
Austausch zu den Gruppenarbeiten
16.00 Auswertung
17.00 Abreise

Die Fortbildung wird geleitet von Dr. Bernhard Schoßig, München, und Peter Junge-Wentrup, Münster. Das Programm findet in enger Abstimmung mit den MitarbeiterInnen der Gedenkstätten Mauthausen, Gusen und Hartheim statt.

Die Fortbildung wird gestaltet von dem gemeinnützigen Verein „Gemeinsam Erinnern für eine Europäische Zukunft e.V.“, GEEZ e.V. mit Unterstützung der IBB gGmbH Dortmund und der Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung.
Bestimmungen, die sich auf Grund der Coronakrise ergeben, werden bei der Gestaltung der Fortbildung berücksichtigt.

Anmeldungen:

GEEZ e.V.
Wiener Str. 32
48145 Münster
E-Mail: Junge-Wentrup@t-online.de

Preis:
190 €
Der Preis für Studierende beträgt 100 €. Für Einzelzimmer wird ein Zuschlag von 20 € pro Tag berechnet.

Leistungen:
• Unterkunft und Verpflegung
• Fahrten im Rahmen des Programms
• Haftpflicht- und Unfallversicherung
• Programm inklusive der Eintritte und Führungen
Die An- und Abreise erfolgt in eigener Verantwortung.

Text: GEEZ

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